Wahlprüfsteine von BIG Fluglärm in Hamburg zur Bürgerschaftswahl am 02.03.2025 / Antworten von B90/DIE GRÜNEN Hamburg

Der Umweltverband BIG Fluglärm in Hamburg hat mehrere Parteien gebeten, zu unseren Wahlprüfsteinen anlässlich der Bürgerschaftswahl 2025 Stellung zu nehmen. 

Hier die Antworten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hamburg vom 12.02.2025:

Frage 1:

Schutz sensibler Zeitfenster und der Nacht
Ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr und eine Begrenzung der Flugbewegungen in den Tagesrandzeiten (6 bis 7 Uhr und 21 bis 23 Uhr) mindert die gesundheitlichen Belastungen der Fluglärmbetroffenen. Wie setzen Sie sich für den Schutz dieser Zeiten ein?

Die Belastungen, die der innerstädtische Flughafen für Bürger*innen und die Umwelt schafft, wollen wir wirksamer begrenzen. Die bisherigen Betriebs- und Verspätungsregeln ermöglichen Starts und Landungen nach 23 Uhr in erheblichem Umfang. Durch eine Überarbeitung der Betriebsregeln und der Nachtflugbeschränkungen wollen wir Starts nach 23 Uhr nahezu ausschließen, verspätete Landungen weitgehend zurückdrängen und nachweislich vermeidbare Verspätungen rechtssicher deutlich stärker sanktionieren beziehungsweise nur noch über zuvor erteilte Ausnahmegenehmigungen der Lärmschutzbeauftragten erlauben. Für mehr Nachtruhe wollen wir den Lärm in den besonders sensiblen Tagesrandzeiten weiter reduzieren. In der Diskussion um sogenannte treibstoffsparende, aber punktuell lautere „Flachstarts“ sind wir der Auffassung, dass in der Abwägung der Schutz der Anwohner*innen vor Lärm wichtiger ist als die Treibstoffersparnis. Deswegen wirken wir darauf hin, dass auf dieses Startverfahren verzichtet wird.

Frage 2:

Nachhaltiger und sozial gerechter Lärmschutz
Unterstützen Sie verbindliche und nachhaltig finanzierte Fluglärmschutzprogramme für alle betroffenen Anwohner? Wenn ja, wie stellen Sie sicher, dass diese Programme effektiv umgesetzt werden und sozial gerecht ausgestaltet sind?

Ja. Auch in Zukunft soll sich der Flughafen Hamburg GmbH finanziell an privaten Maßnahmen des passiven Schallschutzes (Schallschutzfenstern, Schalldämmlüftern und Kippautomatik etc.) in Wohngebäuden beteiligen. Auch in Zukunft werden wir darauf hinwirken, dass der Flughafen neue Förderprogramme für den Einbau von Schallschutzfenstern, Fensterschließsystemen und Schalldämmlüftern an Wohngebäuden im Umland des Flughafens auflegt. Wir wollen die Behörden und den Flughafen beauftragen zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, um auch Mieterinnen und Mieter in das Verfahren einzubinden.

Frage 3:

Förderung alternativer Technologien zur Lärm- und Emissionsreduktion
Welche Schritte planen Sie, um leisere Flugzeugtypen und alternative Antriebstechnologien wie Wasserstoff zu fördern und eine Reduktion von Lärm- und Schadstoffbelastungen zu erreichen?

Wir haben Behörden und den Flughafen in der Bürgerschaft beauftragt, zu prüfen, inwieweit der Einsatz nicht fossiler Kraftstoffe (wie z.B. Wasserstoff, Batterien, SAF etc.) für die allgemeine Luftfahrt in Hamburg, inklusive dazu notwendiger Tankinfrastruktur, zeitnah umgesetzt werden kann und welche notwendigen regulatorischen Anpassungen es bedarf. Entscheidende Hebel zur Förderung der Sustainable Aviation Fuels (SAF) liegen zudem in der Produktion und in den europäischen Beimischungsquoten. Auf Bundesebene unterstützen wir die Produktion nachhaltiger Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien, zum Beispiel E-Kerosin, fördern Technologien zur Kraftstoffeinsparung und den Aufbau einer klimaneutralen Energieversorgung. Wir plädieren dafür, im Rahmen der Entgeltordnung am Flughafen Hamburg in Zukunft noch stärkere Anreize für die Nutzung leiser und emissionsarmer Flugzeuge zu setzen. In der Tat hat der Einsatz leiserer Flugzeuge positive Effekte auf die Lärmbelastungen insgesamt.

Frage 4:

Kurzstreckenflüge und klimafreundliche Alternativen
Unterstützen Sie ein Verbot von Kurzstreckenflügen zugunsten von Bahnverbindungen? Wie wollen Sie sicherstellen, dass diese Maßnahmen auch die Lärmbelastung in Hamburg spürbar reduzieren?

Nein. Wir setzen auf Bundesebene darauf, durch eine deutliche Verbesserung der Schieneninfrastruktur und der Angebote der Bahn Inlandsflüge überflüssig zu machen. Damit wollen wir dafür sorgen, dass Inlandsflüge langfristig nicht mehr wettbewerbsfähig sind und schließlich überflüssig zu werden. Eine weitere Maßnahme, die darauf hinwirkt, ist, dass die Bundesregierung kürzlich die Luftverkehrsabgabe erhöht hat. In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Inlandsflüge von und nach Hamburger stark rückläufig. Die Linien Köln/Bonn wurde kürzlich gar eingestellt. Es ist zu beobachten, dass Kurzstrecken, insbesondere Geschäftsreisen, im Flugverkehr abnehmen. Diese Entwicklung begrüßen wir und wollen sie durch eine massive Verbesserung der Bahn und Bahninfrastruktur verstärken. Das reduziert auch die Lärmbelastung in Hamburg.

Frage 5:

Nutzung des Fluglärm-Messstellennetzes für verbindliche Maßnahmen
Wie wollen Sie sicherstellen, dass die durch das Fluglärm-Messstellennetz erhobenen Daten verbindlich für Lärm- und Gesundheitsschutzmaßnahmen genutzt werden? Planen Sie eine stärkere Verknüpfung mit politischen Entscheidungen?

Die Fluglärm-Messstellen zeigen, dass die gesetzlichen Auslösewerte in der Regel nicht überschritten werden. An einzelnen Messstellen sind hingegen Belastungen beobachtbar, die bspw. über den WHO-Empfehlungen liegen. Wir setzen uns dafür ein, dass die gesetzlichen Regelungen und Grenzwerte regelmäßig überprüft werden. Die Einführung von Maßnahmen zur Lärmminderung, insbesondere in der Nachtzeit, muss allerdings priorisiert werden (Siehe Antwort 1). Lärmschutz-Maßnahmen, unabhängig davon ob sie auf Grundlage der EG- Umgebungslärmrichtlinie (Lärmaktionsplanung) oder des Fluglärmschutzgesetzes vorgenommen werden, begründen sich rechtlich allerdings auf den jeweiligen Berechnungen.

Frage 6:

Gesundheitsschutz als oberstes Ziel
Wie priorisieren Sie die Gesundheit der Anwohner gegenüber den wirtschaftlichen Interessen des Flughafens? Sind Sie bereit, Maßnahmen durchzusetzen, die eventuell wirtschaftliche Nachteile für den Flughafen bedeuten?

Die mit der jüngsten Novelle der EU-Luftqualitätsrichtlinie verabschiedeten deutlich ambitionierteren Minderungsziele für Luftschadstoffe sind uns ein Ansporn: Wir wollen den Gesundheitsschutz der Hamburger*innen weiter verbessern. Schadstoffbelastungen aus der Industrie wollen wir reduzieren, zum Beispiel durch bessere Filteranlagen und laufende Dekarbonisierung der Produktionsprozesse. Bspw. die kontinuierliche Realisierung von Landstromanlagen im Hafen reduziert die Schadstoffbelastung durch große Schiffe. Die Mobilitätswende trägt ebenfalls einen gewichtigen Anteil bei, da E-Mobilität und der Ausbau des ÖPNV in den vergangenen Jahren deutlich an Fahrt aufgenommen haben. Dieser Mobilitätswechsel trägt nicht nur zur Luftreinhaltung bei, sondern dient auch dem Lärmschutz. Auch gegenüber dem Flughafen sind wir bereit, Gesundheitsschutz über wirtschaftliche Interessen zu stellen, aber die Wirtschaftlichkeit muss gewährleistet und der Versorgungsauftrag erfüllbar sein.

Frage 7:

Flugtaxen sind eine potenziell neue Quelle von Fluglärm und Umweltbelastungen in dicht besiedelten Gebieten. Unterstützen Sie die Einführung von Flugtaxis in Hamburg? Wenn ja, welche Maßnahmen planen Sie, um negative Auswirkungen auf Lärmschutz, Umwelt, die Lebensqualität der Anwohner zu verhindern?

Wir sehen Flugtaxis aktuell nicht als die notwendigste, förderungswürdigste Technologie der Stunde. Unsere Prioritäten liegen klar bei der Förderung klimafreundlicher, effizienter und leiser Mobilitätslösungen, wie einem starken ÖPNV, Radverkehr und der Elektrifizierung bestehender Verkehrsträger. Flugtaxis bergen erhebliche Herausforderungen beim Lärmschutz, in der Umweltbilanz und hinsichtlich der Akzeptanz in dicht besiedelten Gebieten. Hamburgs Ressourcen sollten für nachhaltige Mobilitätskonzepte genutzt werden, die allen zugutekommen. Eine etwaige Weiterentwicklung der Urban Air Mobility (UAM) muss unbedingt auch Sensibilität gegenüber den bisher nicht genannten unbeabsichtigten negativen Umwelteinwirkungen dieser Technologien, wie Beeinträchtigungen der Tierwelt oder zusätzliche Lärmemissionen berücksichtigen, vor denen die Hamburger*innen wirksam geschützt werden müssen.

Frage 8:

Transparenz und Bürgerbeteiligung. Die Flughafenpolitik hat erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Anwohner. Unterstützen Sie transparente Entscheidungsprozesse und eine stärkere Bürgerbeteiligung bei Fluglärm- und Klimaschutz? Wenn ja, welche konkreten Schritte planen Sie?

Wir drängen bei den Behörden und dem Flughafen weiterhin darauf, Entscheidungsprozesse der Behörden und des Flughafens bzgl. der Luftfahrt in Hamburg transparenter zu gestalten. An der „Allianz für den Fluglärmschutz“ wollen wir weiter intensiv mitarbeiten und die Arbeit der Allianz insgesamt entwickeln. Wir haben in der laufenden Legislatur die Bürgerbeteiligung themenübergreifend gestärkt, durch eine Stärkung der Bezirksversammlungen, durch eine Einführung digitaler Bürgerbeteiligungstools, durch die Erprobung von Bürger*innenräten sowie durch Beteiligungsformate bei der Planung von Klimaschutzmaßnahmen und Infrastrukturprojekten.


Eine Gesamtbewertung der Antworten auf die Wahlprüfsteine und Positionen der Parteien folgt sobald alle Antworten der angefragten Parteien vorliegen.

Weitere Informationen zu den Positionen der Partei und dem Wahlprogramm sind zu finden unter:

www.big-wahlspezial.de