Eine in der Fachzeitschrift Journal of Exposure Science & Environmental Epidemiology [1] veröffentlichte Studie liefert neue Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Auswirkungen von nächtlichem Fluglärm. Die Studie zeigt: Dauerhafte Lärmbelastung in den Nachtstunden erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen und psychische Beeinträchtigungen signifikant. Besonders betroffen sind Anwohner von Flughäfen, deren Schlaf regelmäßig durch Starts und Landungen gestört wird. Gesundheitsgefährdende Effekte treten bereits bei Lärmpegeln auf, die an vielen Flughäfen bislang als akzeptabel galten.
Schon kurze nächtliche Lärmereignisse von über 45 Dezibel, so die Erkenntnisse, erhöhen den Cortisolspiegel im Körper und langfristig das Risiko für Bluthochdruck und Herzinfarkt. Zudem beeinträchtigt der Fluglärm die Schlafqualität, was bei Flughafenanwohnern zu chronischer Erschöpfung und geschwächter Immunabwehr führen kann. Die Studie hebt hervor, dass die negativen Effekte umso gravierender sind, je häufiger der Schlaf durch Lärm beeinträchtigt oder gar unterbrochen wird. Dabei wurde nachgewiesen, dass Kinder und ältere Menschen besonders anfällig für die negativen Folgen von Fluglärm sind.
„Hamburg darf diese Warnsignale nicht ignorieren“
Martin Mosel, Vorsitzender des Umweltverbands BIG-Fluglärm in Hamburg, fordert mit Nachdruck Maßnahmen: „Die Studienergebnisse sind alarmierend und dürfen nicht ohne Konsequenzen bleiben. Besonders Hamburg als dicht besiedelte Metropolregion muss die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger an erste Stelle setzen. Die Studie bestätigt: Nächtlicher Fluglärm ist eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung im Verkehrsbereich des Hamburger Flughafens. Ein striktes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ist unabdingbar, um die Bevölkerung vor diesen Gefahren zu schützen.“
Prof. Dr. Thomas Münzel, Erstautor der Studie und Umweltkardiologe an der Universitätsmedizin Mainz, ergänzt: „Unsere Forschung zeigt eindeutig, dass nächtlicher Fluglärm nicht nur den Schlaf stört, sondern auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzschwäche auslöst. Die langfristigen gesundheitlichen Nebenwirkungen, insbesondere für das Herz-Kreislauf-System, zeigen eindeutig, dass Fluglärm ähnlich einem erhöhten Cholesterin, Diabetes oder auch Bluthochdruck als signifikanter Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen anerkannt werden muss. Es ist daher dringend notwendig, dass politische Entscheidungsträger Maßnahmen ergreifen, um die Bevölkerung insbesondere nachts vor dieser vermeidbaren Belastung zu schützen.“
Hamburgs Lage verschärft das Problem
In Hamburg sowie den angrenzenden Regionen Schleswig-Holsteins und Niedersachsens sind etwa 300.000 Menschen durch die Auswirkungen des Flugverkehrs gesundheitlich beeinträchtigt. BIG-Fluglärm hat kürzlich die Änderung der Betriebserlaubnis des Hamburger Flughafens beantragt [2], um die Gesundheitsbelastung durch Flugverkehr mit einer geänderten Verspätungsregelung zu reduzieren. Trotz eines insgesamt geringeren Flugverkehrs übertreffen die Flugbewegungen nach 23 Uhr innerhalb der sogenannten Verspätungsregelung sowie in der zweiten regulären Nachtstunde das dritte Jahr in Folge deutlich das Vor-Coronajahr 2019. Im gerade ablaufenden Jahr 2024 wird es knapp 1.000 Starts und Landungen geben – fast 48 Prozent mehr als 2019 (678 Flüge) – bei einer Verkehrsleistung von 86 Prozent im Vergleich zu 2019.
BIG-Fluglärm appelliert an die Politik
Der Umweltverband ruft die für die Luftverkehrsaufsicht zuständige Wirtschaftsbehörde (BWI) und die politischen Entscheidungsträger in Hamburg auf, in Anbetracht der Studienergebnisse unverzüglich Maßnahmen zur Lärmminderung zu ergreifen. Neben einem konsequenten Nachtflugverbot seien auch schärfere Regelungen zur Durchsetzung von Flugbeschränkungen und Lärmgrenzwerten sowie ein genereller Ausbaustopp des Flughafens notwendig.
[2] Weitere Informationen zum Antrag der BIG-Fluglärm finden Sie unter: https://www.big-fluglaerm.de/es-reicht-schluss-mit-unkontrolliertem-naechtlichen-fluglaerm-am-hamburger-flughafen/