Das NATO-Manöver #AirDefender23 dient zum Anlass das Nachtflugverbot in Hamburg zu strapazieren.
Von Martin Mosel, Vorsitzender
Die Fluglärmschutzbeauftragte (FLSB) wird während der Zeit des Manövers das Nachtflugverbot großzügiger auslegen. Flugzeuge dürfen bis 1 Uhr nachts starten oder landen, wenn nachweislich die Verspätung dem Manöver geschuldet ist. Die FLSB entscheidet in jedem Einzelfall mit einer Ausnahmegenehmigung.
Das Manöver dauert vom kommenden Montag an bis zum 23. Juni und fällt in die Zeit der aktuellen Bahnsperrung. Aktuell bis noch voraussichtlich 28. Juni findet der gesamt Flugbetrieb über die Start- und Landebahn Alsterdorf, Winterhude, Barmbek, Eilbek, Hamm und Norderstedt statt.
Das Großmanöver findet „feierabendgerecht“ statt und soll täglich bis 20 Uhr beendet sein. Warum innerhalb der jeweiligen Manöversektoren der zivile Luftverkehr nicht in der Lage sein soll, seinen Flugbetrieb bis zum Ende der genehmigten Betriebszeiten an den Flughäfen abzuwickeln bleibt deren Geheimnis.
Warum ist nach mehr als fünf Jahren Planung und Vorankündigung des Manövers, dieses nun ein „unvermeidbares“ Ereignis?
Für die Luftverkehrswirtschaft scheint das Manöver in den letzten Tagen vom Himmel gefallen. So zeigt sich, dass Planungsstärke und Vorausschau zwar in den Bilanzen stattfinden kann, in der praktischen Durchführung des Geschehens regiert aber das Prinzip Hoffnung. Und im Zweifel sollen regulative und ordnungspolitische Ausnahmeregelungen, gegen die sich die Branche sonst so allmächtig stemmt, die Kassen retten.
Mit der Aufweichung des ohnehin löchrigen Nachtflugverbots in Hamburg findet ein Dammbruch statt. Die genehmigte Betriebszeit am Flughafen ist von 6 bis 23 Uhr. Nach der aktuellen Verspätungsregelung können Flugzeuge zwischen 23 und 24 Uhr starten oder landen, wenn der Flug bis 23 Uhr geplant ist und „unvermeidbare“ Gründe dieses verhinderten. Nach 0 Uhr bedarf es immer einer vorherigen Ausnahmegenehmigung, die von der FLSB in jedem Einzelfall gesondert erteilt wird.
Die FLSB betont immer wieder die sehr „restriktive“ Handhabung und Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach Mitternacht. Da mag zumindest für 2023 etwas dran sein. Im Jahr 2023 wurden bis dato drei dieser nächtlichen Ausnahmegenehmigungen für Flüge nach 0 Uhr erteilt. Im gesamten Jahr 2022 waren dies noch über 30.
Zumindest während der Zeit des Großmanövers wird diese Zahl wohl wieder hochschnellen. Wenn einerseits betont wird Ausnahmegenehmigungen als nur im Manöver begründet zu erteilen, sollen aber diese Anträge der Fluggesellschaften „sehr zügig und vereinfacht“ bearbeitet werden. Gerade jetzt und gerade da bedarf es aber besonderer Sorgfalt die Begründungen zu prüfen, um Missbrauch zu vermeiden.
Unsere Erfahrung mit den Fluggesellschaften in Hamburg, ob z.B. WizzAir oder Marabu, zeigt, dass es vermutlich Versuche des Missbrauchs geben wird. Wir werden uns deshalb sehr genau die erteilten Ausnahmegenehmigungen und deren Begründetheit anschauen.
Das schwerwiegende Interesse an einer geregelten Nachtruhe, gesunden Schlaf und Erholung der vielen zig zehntausenden Menschen in Hamburg und dem Umland, ebenso an allen anderen betroffenen Flughafenstandorten, ist wiederholt gegen das marginale sogenannte „Mobilitätsinteresse“ Weniger weggewogen worden. Erneut findet mit dieser Aufspaltung der Interessen auch eine gesellschaftspolitische Spaltung statt. Erneut erfährt der Luftverkehr und seine Jünger eine Privilegierung gegen die berechtigten Interessen einer deutlichen Mehrheit. Die eigentlichen Nutznießer in der Branche sitzen derweil in ihren Kassenhäuschen und zählen das Geld.
Das Beschwerderecht ist übrigens nicht ausgesetzt und gilt uneingeschränkt.