Die große Steuerlüge der Luftverkehrs-Lobby

Warum die Forderung nach einer Abschaffung der Luftverkehrsteuer ein Angriff auf die Realität – und auf die Verkehrswende – ist

Die Debatte um die Luftverkehrsteuer wird derzeit mit hoher Lautstärke, enormem Lobbydruck und gezielter Desinformation geführt. Angeführt vom Flughafenverband ADV und vielen Branchenpartnern, orchestriert vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) mit den Airlines und willfährig aufgenommen von Teilen der Politik und den Medien, wird ein simples Narrativ verbreitet: Die Luftverkehrsteuer gefährde den Standort Deutschland und sei maßgeblich für sinkende Passagierzahlen verantwortlich.

Doch diese Behauptung hält einer nüchternen Überprüfung nicht stand. Tatsächlich zeigt sich: Die Steuer wirkt – und zwar genau dort, wo sie es soll. Und das ist der wahre Grund, warum sie so vehement bekämpft wird.

📉 Was wirklich hinter dem Rückgang im Flugverkehr steckt

Die zentrale Behauptung der Branche lautet: Die Luftverkehrsteuer verteuere Flugreisen, schwäche die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Flughäfen und verursache sinkende Passagierzahlen.

Das vom Bundesverkehrsministerium beauftragte Gutachten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR, 2025) widerlegt dieses Narrativ klar und unmissverständlich. Das DLR kommt zu dem Ergebnis, dass nur 3,2 % des Passagierrückgangs im relevanten Zeitraum auf gestiegene Standortkosten zurückzuführen sind. Die Luftverkehrsteuer selbst wird dabei nicht einmal gesondert quantifiziert – so gering ist ihr Anteil an der Gesamtentwicklung.

Die tatsächlich wirksamen Faktoren sind:

  • Der Rückgang des Geschäftsreiseverkehrs infolge veränderter Arbeits- und Kommunikationskulturen
  • Geopolitische Unsicherheiten, etwa im Nahen Osten und Osteuropa
  • Strategische Netzverkleinerungen großer Airlines, insbesondere der Lufthansa, die gezielt Inlands- und Kurzstreckenverbindungen zurückgefahren hat
  • Eine politisch gewollte Verlagerung auf die Schiene, insbesondere im innerdeutschen Verkehr

Mit anderen Worten: Die Luftverkehrsteuer ist nicht der Verursacher – sondern das Feindbild einer Branche, die sich gegen jede Form der klimapolitischen Verantwortung wehrt.

🧠 Die Analyse eines Insiders: Manfred Kuhne zerlegt das Lobby-Märchen

Besonders deutlich wird die Absurdität der Argumentation, wenn man die Analyse des Luftfahrtexperten Manfred Kuhne heranzieht. Kuhne, langjährig tätig am Verkehrswissenschaftlichen Institut der RWTH Aachen und bei der ADV und langjähriger Branchenkenner, kommentierte das DLR-Gutachten am 11.04.2025 auf airliners.de.

Sein Fazit:

„Nur 1,8 Millionen von rund 20 Millionen verlorenen innereuropäischen Fluggästen lassen sich auf Kostensteigerungen zurückführen. Die große Mehrheit der Passagierrückgänge ist strukturell oder unternehmenspolitisch bedingt.“

Kuhne macht zudem deutlich: Die Verantwortung für den Rückgang liegt in erster Linie bei den Luftfahrtgesellschaften selbst, nicht beim Staat oder bei der Steuerpolitik.

Brisant ist seine Bewertung des öffentlichen Auftretens des BDL: „Die Luftverkehrsbranche hingegen gab vor, dass die regulativen Kosten allein für das Nachhinken verantwortlich seien. […] Wie konnte es zu dieser Fehleinschätzung kommen, wo doch zumindest die Fachleute in der Branche es hätten besser wissen müssen?

Eine Frage, die alles sagt. Denn wenn Branchenvertreter weiterhin öffentlich behaupten, die Luftverkehrssteuer sei Hauptursache für die Marktschwäche, obwohl ihnen gegenteilige Analysen längst vorliegen – dann steht ein Verdacht im Raum: Wird hier wider besseres Wissen eine verzerrte Erzählung in Umlauf gebracht, um politische Entlastungen durchzusetzen, die sich sachlich nicht rechtfertigen lassen?

Was wir sehen, ist aus unserer Sicht eine gezielte Irreführung der Öffentlichkeit – durch genau jene, die davon am meisten profitieren.

💶 Was kostet die Steuer wirklich?

Die Luftverkehrsteuer ist kein „Preisschock“, wie gerne suggeriert wird. Seit ihrer Anpassung zum 1. Mai 2024 gelten folgende Sätze:

  • 15,53 € für Kurzstrecken (bis 2.500 km)
  • 39,34 € für Mittelstrecken (2.500–6.000 km)
  • 70,83 € für Langstrecken (ab 6.000 km)

Die durchschnittliche Belastung pro Flugticket liegt laut Destatis bei nur 23,31 € (Stand: 2024). Damit ist sie deutlich niedriger als viele Nebenkosten am Flughafen selbst:

  • Ein Parkplatz am Terminal: oft 7–10 € pro Stunde
  • Ein Snack im Gatebereich: 5–10 €
  • Ein Upgrade in die Economy Plus: 40–60 €

Der Vergleich macht klar: Die Luftverkehrsteuer ist moderat, verhältnismäßig – und notwendig.



🧾 Eine Steuer, die wirkt – ökologisch, fiskalisch, verkehrspolitisch

Die Luftverkehrsteuer erzielt dreierlei Wirkung:

  1. Lenkungswirkung: Sie trifft besonders klimaschädliche Kurz- und Mittelstreckenflüge. Genau dort, wo Alternativen bestehen (z. B. Bahn), setzt sie einen Preisanreiz zum Umstieg.
  2. Fiskalische Wirkung: Sie bringt jährlich rund 1,9 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt – ein wichtiger Beitrag zur Finanzierung der Mobilitätswende.
  3. Gerechtigkeitswirkung: Wer fliegt, verursacht Emissionen – und soll sich an den Folgekosten beteiligen. Das ist ein Grundprinzip moderner Umweltpolitik.
  4. Neutraler Durchlaufposten: Für die Luftverkehrsgesellschaften ist die Steuer ein nahezu vollständiger Durchlaufposten. Gleich einer Verbrauchssteuer ist sie von den Passagieren zu zahlen.

Trotzdem läuft eine gut finanzierte Kampagne dagegen an. Der Grund: Die Steuer wirkt. Und genau das will die Branche nicht.

🚨 Wenn die Lobby sich durchsetzt, verliert die Gesellschaft

Eine Abschaffung der Luftverkehrsteuer wäre nicht nur klimapolitisch ein Desaster, sondern auch demokratiepolitisch ein fatales Signal. Es würde zeigen:

👉 Wer genug Lobbydruck macht, bekommt seine Interessen durchgesetzt – selbst gegen Studien, Fakten und öffentliche Vernunft.

Die Folge wären:

  • Ein weiter privilegierter Flugverkehr auf Kosten von Bahn und Bus
  • Steuerausfälle in Milliardenhöhe
  • Ein Rückschritt für Klimaschutz, Lenkungswirkung und Verursachergerechtigkeit
  • Eine Zementierung von Ungleichheit, denn Vielfliegen ist ein Luxusproblem weniger – aber die Folgen tragen alle

📣 Unsere Forderung: Steuer erhalten, Verkehrswende stärken

Die Luftverkehrsteuer ist ein Symbol – für klimapolitische Ernsthaftigkeit, fiskalische Verantwortung und gesellschaftliche Fairness. Sie gehört nicht abgeschafft, sondern ausgebaut.

Wir fordern:

  1. Erhalt der Luftverkehrsteuer in voller Höhe
  2. Keine Kompensationen oder Ausnahmen durch die Hintertür
  3. Ein klares Bekenntnis zur Stärkung klimafreundlicher Alternativen
  4. Das Ende der einseitigen Bevorzugung des Flugverkehrs

✍️ Jetzt handeln!

Unterstütze unsere Petition für den Erhalt der Luftverkehrsteuer:

👉 https://www.change.org/luftverkehrsteuer-erhalten

Denn wer fliegt, soll zahlen – und nicht die Wahrheit verbiegen.


🔗 Weiterführende Quellen:


Anmerkung: Eine frühere Version des Beitrags bezeichnete Herrn Kuhne fälschlich als „Leiter der Grundsatzabteilung im Bundesverkehrsministerium“. Wir haben dies korrigiert. Herr Kuhne war langjährig als Fachberater und Wissenschaftler im Bereich Luftverkehr tätig, unter anderem an der RWTH Aachen und bei der ADV.