Hamburger Abendblatt stellt das Nachtflugverbot in Frage

Vor knapp fünf Jahren haben rund 15.000 Menschen in Hamburg und dem Umland für „Nachts ist Ruhe“ gestimmt und haben ein im gesetzlichen Rahmen der Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr verankertes Nachtflugverbot gefordert. Nur mit einem politischen Foulspiel ist eine weitergehende Befassung verhindert worden.

Bereits seit den 1970er Jahre besteht als Schutzvorschrift die in Hamburg geltende Nachtflugbeschränkung ab 23 Uhr bis 6 Uhr mit wohlbegründeten Ausnahmen. Die Nachtflugbeschränkung wird seit 2011 zunehmend missachtet, was sich in den bis 2019 steigenden Fluglärmlasten in den Nachtsstunden abbildet.



Die Fluglärmschutzbeauftragte der Stadt Hamburg hat nach der Eskalation eines erzwungenen Starts weit nach Mitternacht durch rebellierende Passagiere angekündigt, die Nachtflugbeschränkung für Starts konsequenter durchzusetzen.


https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/76579/hat_der_laermschutz_am_flughafen_vor_der_gewalt_kapituliert.pdfhttps://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/76579/hat_der_laermschutz_am_flughafen_vor_der_gewalt_kapituliert.pdf

Mit einem tendenziösen Beitrag berichtet das Abendblatt in redaktioneller Dreifaltigkeit von den „gestrandeten Musikern“ eines Mailänder Klassikorchesters, dass durch die Nachtflugbeschränkung kurz nach 23 Uhr nicht mehr starten durfte. Berechtigterweise hat die Fluglärmschutzbeauftragte hier keine Ausnahme erteilt. Zuvor kam es wohl im Zuge des Eincheckens und der Sicherheitskontrollen zu möglichen Verzögerungen. Die Gründe sind unklar.


https://www.abendblatt.de/hamburg/article235478875/flughafen-hamburg-orchester-mailaender-scala-strandet-am-airport-debakel-konzert-elbphilharmonie.html

Im Wellengang dieses eher banalen Ereignisses – es entspricht der konsequenten Anwendung der Rechtslage – stellt das Abendblatt die Nachtflugbeschränkung in Frage, die ohnehin bereits mit einem Bonus von einer Stunde erst um 23 Uhr beginnt. Da fragt man sich berechtigt, ob sich das Abendblatt wieder einmal zu einem Helfershelfer einer von der Flughafenindustrie gesteuerten Lobbykampagne machen lässt, die damit offenkundig von ihren aktuellen hausgemachten Problemen deutschlandweit abzulenken versucht.

Dieser Provokation nicht genug, flankiert das Abendblatt das Ganze mit einer „Frage des Tages“:



Vernünftigerweise stimmten mehr als 70% von rd. 3.000 Teilnehmenden gegen eine Aufweichung der Nachtflugbeschränkung.

Die Belastungen durch Fluglärm insbesondere in der Nachtzeit nimmt mit den rückkehrenden Verkehrslasten am Hamburger Flughafen wieder besorgniserregend deutlich zu und übersteigt dabei bereits vielfach auch das Niveau des Vor-Corona-Jahr 2019. In Hamburg Lehmsahl, direkt in der Haupteinflugschneise zum Hamburger Flughafen, führen die aktuellen Verkehrszahlen besonders in den späten Randzeiten zu hohen Belastungen.



Am vergangenen Sonntag endete zum Beispiel das „Fluglärm-Konzert“ um 24 Uhr und für Viele begann die persönliche „Probe“ bereits nach knapp vier Stunden Schlaf um 5 Uhr. Dass dieses gesundheitlich mehr als bedenklich ist und zudem auch ein Tag mit Dauerlasten von mehr als 70dbA im Minutentakt nicht förderlich sein kann, ist unbestritten.


DFLD-Messstelle in Hamburg Lemsahl

Um so mehr verstört, erstaunt und verärgert deutlich diese völlig an der erforderlichen Realität vorbeigehende Forderung nach einer Aufweichung der Nachtflugbeschränkung, die mit wenigen konsequenten Highlights bereits heute nur noch einen schwachen Schutz bietet.

Wir haben den verantwortlichen Redakteur vom Abendblatt, Volker Mester, angeschrieben und mit Nachdruck in der Frage der Nachtflugbeschränkung an seine Vernunft und seine Verantwortung als Medienschaffender appelliert. Der aktuelle Konsens beim Schutz der Nachtruhe darf nicht unnötig populistisch in Frage gestellt werden.

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